Bibliothek | Rezensionen
Garamonds Lehrmeister
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Garamonds Lehrmeister, Anne Cuneo
Roman | aus dem
Französischen von Erich Liebi | Knaur
Taschenbuchverlag | Die französische
Originalausgabe erschien 2002 unter dem Titel »Le
maître de Garamond. Antoine Augereau – graveur,
imprimeur, éditeur, libraire« bei Bernard Campiche
Èditeur, Orbe | ISBN-13: 978-3-426-63268-0,
ISBN-10: 3-426-63268-3
Die etwas andere Art, sich mit
Schriftgeschichte zu beschäftigen: angereichert mit der
nötigen Prosa um einen unterhaltsamen Roman zu schreiben,
liefert Anne Cuneo mit »Garamonds Lehrmeister«
einen sauber recherchierten historischen Rückblick auf
eine für den Buchdruck ehrenvolle Zeit.
Anfang des 16. Jahrhunderts waren die
Drucker nicht nur Handwerker, sondern zudem Gelehrte und
einflussreiche Verleger. Ein Drucker musste Lateinisch, die
Sprache in der bis dahin Texte verfasst wurden, und am Besten
noch Griechisch beherrschen, um Ur- und Quelltexte lesen zu
können. Er wählte Texte selber aus und kommentierte
sie oft in Vor- und Nachwörtern, kompilierte
Themenbücher – kurz, er war Verleger, Herausgeber,
Lektor, Schriftgießer, Drucker und Buchhändler in
Personalunion.
Im Roman sind es diese Drucker in Paris,
allen voran Antoine Augereau, der Lehrmeister Garamonds, die
den bevorstehenden Umbruch ihrer Zeit spüren (beginnende
Reformation) und durch ihr fortschrittliches Denken und Handeln
bald mit der Kirche in Konflikt geraten. Als die weltlichen
Herrscher ihre anfängliche Sympathie für die Drucker
verlieren, wird eine hoffnungsvolle Entwicklung vorerst
erstickt. Hier wird der Roman zum Manifest gegen Intoleranz und
Unmenschlichkeit.
Was »Garamonds Lehrmeister«
zusätzlich interessant macht sind die darin vorkommenden
historischen Figuren einer wichtigen Geschichtsepoche, die
»aus den Augenwinkeln« betrachtet werden, wie z.B.
Lefèvre d’Etaples, Francois Rabelais, Erasmus von
Rotterdam, Martin Luther, der französische König und
seine Schwester Margarethe von Navarra.
Die im Roman immer wiederkehrenden
Gespräche zwischen Meister und Lehrling über die
Notwendigkeit guter Satzschriften wirken echt. Kein Wunder, hat
doch Adrian Frutiger als Berater der Schriftstellerin gewirkt.
Alles in allem bietet das Buch eine gute
Mischung aus Unterhaltung und geschichtlichem sowie
typografischem Wissen.
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29.11.2011
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