Lehre | Lehrkonzept
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Seit Gutenberg hat die Typografie
ständig an Bedeutung gewonnen. Typografie ist Bestandteil
fast jeder Kommunikations-Design-Lösung. Während das
Bild durch den visuellen Code kommuniziert, bietet die
Typografie beides: als Bild den visuellen Code und als Sprache
den verbalen Code. Damit vereint sie das Konkrete der Sprache
mit der Freiheit der Bilder.
Die Lehrveranstaltung
»Typo-Design« an der Hochschule München
beschäftigt sich mit der Visualisierung von Inhalten
mittels des Zeichensystems Schrift. Dabei beschränkt sie
sich auf das alphabetische Schriftsystem und die lateinische
Schrift. In Abgrenzung zur Kalligraphie (handschriftliches
Schönschreiben) werden reproduzierbare Satzschriften
angewendet.
Vielleicht geht es in der Lehre zuerst einmal um die Hinterfragung von vorhandenen Einstellungen, Vorstellungen und auch Arbeitsweisen. Die Fragen sollen idealerweise initiieren, motivieren und inspirieren. Es geht nicht darum, auf jede Frage eine Antwort parat zu haben. Es geht um den Weg, um den Prozess, der zu Antworten führt. Die Suche nach Antworten regt zum Denken, zum Machen und zu eigenen Erfahrungen an – und die selbstgemachten Erfahrungen sind die wertvollsten. Lernziele Wahrnehmung: Schriftanwendungen umgeben uns täglich und überall. Professionalität erfordert die bewußte Wahrnehmung von normalerweise Unbewußtem. Hier gilt es neu sehen zu lernen, zu entdecken und sich für Typografie zu sensibilisieren. Bewußtsein: Durch die Vorstellung von Aufgaben, Funktionen und Wirkung der Typografie wird ein Bewußtsein geschaffen für die Bedeutung der Typografie in Kommunikations-Prozessen. Wissen: Anhand der variablen Formmerkmale der Typografie wird Wissen vermittelt, aus dem sich Gestaltungsmöglichkeiten und Qualitätskriterien ergeben. Erkenntnisse: Experimentelle und anwendungsorientierte Aufgabenstellungen bietet die Möglichkeit, das erworbene Wissen zu erproben und Erkenntnisse über typographische Zusammenhänge beim Lösen von Kommunikations-Aufgaben zu sammeln.
Diplomstudiengang
Für das Fach Typografie habe ich im Diplomstudiengang Kommunikations-Design an der Hochschule München einen Lehrplan entwickelt. Neben der Grundlagenausbildung sieht dieser Seminare im Hauptstudium vor, in denen die Anwendungsfelder der Typografie behandelt werden. Diese sind nach aufsteigender Komplexität geordnet (Buchstaben, Wörter, Sätze, Texte).
Grundlagenstudium
Einführung in die Typografie
Gestaltungsgrößen der Typografie
Hauptstudium
Typografie und Marken-Design (Buchstaben
und Wörter)
Typografie und Informations-Design
(Sätze)
Typografie und Editorial-Design (Texte)
Typografie und Inszenierung
Typografie und Schrift-Design (Font-Entwicklung)
Bachelor-Studiengang
Zusammen mit Catherine Hersberger habe ich
im Bachelor-Studiengang ein Ausbildungskonzept für das
Fach Typografie entwickelt. In dem Fach »Grundlagen
Typografie« halte ich eine Vorlesungs-Reihe
für die drei Studiengänge Kommunikations-, Industrie-
und Foto-Design ab. Dazu findet im Co-Teaching-Verfahren eine
Praktika-Reihe statt.
Studierende der Fakultät Gestaltung
befragen ihre Dozenten (2003) Die Antworten von Germar Wambach
geben Einblick in seine Ansichten:
Wie definieren Sie Kommunikations-Design? Kommunikations-Design ist das Fachgebiet, in dem
die inhaltliche Konzeption und die formale Gestaltung
gesellschaftsrelevanter Kommunikationsprozesse
problemlösungsorientiert entworfen werden.
Welche Bedeutung hat für Sie Design? Formgebung ist Sinngebung
Warum wurden Sie Designer? Lustvoller Drang zu sinngebender Formgebung
Warum unterrichten Sie jetzt? Ich gebe mein Fachwissen gerne weiter und
erkläre gerne Ursachen und Zusammenhänge.
Wie würden Sie Ihren Beruf selbst
bezeichnen?
Kommunikations-Designer
Sind Sie neben Ihrer Lehrtätigkeit
noch künstlerisch aktiv? »Kunst
ist nur als Kunst Kunst. Alles andere ist alles andere.«
Ad Reinhardt
Welche Ziele haben Sie im Bezug auf Design
und Gestaltung?
Kommunikation entsprechend den Zielen
bestmöglich zum funktionieren zu bringen.
Wie möchten Sie die Entwicklung von
Design und Gestaltung beeinflussen? Selbstverständnis
und Anerkennung der DesignerInnen stärken. Wir sind keine
Verschönerer, wir sind Fachleute für visuelle
Kommunikation. Wir ermöglichen mit unserem Wissen und
Können Orientierung, Information, Reflexion und
Identifikation. Wir bieten intelligente Ideen, setzen diese in
ästhetisch überraschenden Lösungen um, liefern
handwerkliche Perfektion und nehmen gesellschaftspolitische und
soziale Verantwortung wahr.
Haben Sie Vorbilder (im Bereich Design und
außerhalb)? Keine, denen ich
nacheifere. Die Designer-Kommunität
»Pentagram« und ihre langjährige Existenz
beeindrucken mich.
Wovon lassen Sie sich inspirieren? Ich hoffe, von allem
Gibt es eine konkrete Erfahrung, die sie
geprägt hat? Keine, die unter
den vielen hervorragen würde.
Was ist Ihre persönliche Motivation
für den Beruf als Designer?
Und was ist Ihre Motivation als Dozent? Antwort bei Frage 3
Haben Sie sich Ihren Beruf als Designer so
vorgestellt wie er ist?
Im Prinzip: ja. Allerdings ist man in der
selbständigen Berufsausübung neben dem Gestalter auch
Unternehmensberater. Dem entspricht weder die Ausbildung noch
das weitläufige Image des Berufs.
Entspricht Ihr Beruf als Dozent Ihren
Vorstellungen? Meine Vorstellungen
gehen viel weiter, als es die paar Stunden Lehrauftrag
zulassen.
Wie wird sich in Ihren Augen unser Beruf
verändern? Kreativität
bleibt unsere Kernkompetenz. Die technischen Entwicklungen
dürfen uns nicht zu sehr ablenken.
Seit wann unterrichten Sie? Sommersemester 1994
Was waren Ihre Beweggründe, an die
Hochschule München zu gehen? Antwort
bei Frage 3
Was glauben Sie, befähigt Sie im
besonderen Maße Studenten zu unterrichten? Didaktische Aufbereitung komplexer Inhalte.
Aufgreifen und ausweiten der studentischen Beiträge.
Arbeiten Sie gerne mit Studenten?
Unterrichten Sie gerne? Ja, sehr
Welche Vorraussetzungen sollten
Design-Studenten für das Studium mitbringen? Den brennenden Willen zum Gestalten, Lern- und
Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative, Aufgeschlossenheit,
gute Allgemeinbildung u.a.
Was sind die häufigsten
Fehleinschätzungen der Studienanfänger?
Kreativität kommt durch die Muse. Die
erste Idee ist die richtige.
Haben Sie konkrete Empfehlungen an die
Studenten (vor, während und nach dem Studium)? »Glaube denen, die die Wahrheit suchen.
Misstraue jenen, die sie gefunden haben.« (André
Gide)
Bilden Sie sich weiter? Wo und wie? Fachliteratur, Vorträge, Internet
Wie würden Sie Ihr Unterrichtskonzept
beschreiben?
Wahrnehmung, Bewußtsein, Wissen und
Erkenntnisse werden in Vorlesungen, Seminaren und praktischen
Übungen vermittelt.
Wo liegen ihre inhaltlichen Schwerpunkte,
die Sie vermitteln wollen?
Wahrnehmung: Typografie neu sehen lernen,
entdecken und sich sensibilisieren.
Bewusstsein: Bedeutung der Typografie in
Kommunikations-Prozessen einschätzen lernen.
Wissen: Variable Formmerkmale der
Typografie lernen, aus denen sich Gestaltungsmöglichkeiten
und Qualitätskriterien ergeben.
Erkenntnisse: Experimentelles und
anwendungsorientiertes Arbeiten schafft eigene Erfahrung.
Wo wollen Sie Ihre Studenten hinbringen? Über Standpunkte und Ansichten nachzudenken
und dann zu einer eigenen Haltung zu finden
Wie erkennen Sie Talente? An ungewohnten Ideen und Umsetzungen
Wie fördern Sie diese? Zulassen und bestärken
Was sagen Sie zur Bildungsmisere in
Deutschland? Weniger Bürokratie
– mehr Lehre! Die Ausbildungszeiten werden kürzer,
das zu Vermittelnde aber immer komplexer.
Was sagen Sie zum Image der Hochschule
München? Was würden Sie ändern? Die Hochschule München hat aus meiner
Sicht ein gutes Image, hauptsächlich bedingt durch eine
aktive und innovationsfreudige Hochschulleitung.
Was unterscheidet unsere Fachhochschule von
anderen Fachhochschulen, Universitäten und Akademien? Ich beziehe die Frage auf den Studiengang
Kommunikations-Design: Es wird oft bemängelt, dass der
Studiengang KD in München kein eindeutiges Profil
hätte, während die Schwerpunkte von z.B. Köln,
Leipzig und Schwäbisch Gmünd bekannt wären.
Meines Erachtens ist die pluralistische Offenheit der
Münchner Ausbildung ihre Stärke und die Einheit in
der Vielfalt könnte ihr Profil sein. Hier werden
Studierende nicht auf ein vorgegebenes Profil beschränkt,
sondern durch die im Studium iniziierte
Persönlichkeitsentwicklung zu originären
Schwerpunkten geführt. Diese Chance sollte nicht durch
eine zukünftige enge Fokusierung des Ausbildungsziels
beseitigt werden.
Was ist Ihre Meinung zu der aktuellen
Designkultur in München?
Designkultur? Ist Designszene gemeint?
Bloß nicht in der eigenen Suppe kochen: »Massive
Change is not about the world of design; it’s about the
design of the world.« Bruce Mau
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29.11.2011
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